„Nun sag, wie hast du’s mit der Produktivität? Du bist ein herzlich guter Entwickler, allein ich glaub, du hältst nicht viel davon” (Ungefähr so steht es in Goethes “Faust”)
Ja, mit der Produktivität ist es so eine Sache. Für die einen ist es Religion, für die anderen ist es eine weltfremde Idee des Controllings.
Rumgeeiert
Auch auf unserem “Projektbauernhof” lebte mal ein Controller. Dem war das Thema Produktivität sehr wichtig.
„Ein Huhn ist produktiv, wenn es täglich ein verkaufsfähiges Ei legt.“
Seit dieser Zeit gibt es in unserem Projektmanagementsystem ein Feld, in dem man die Sollproduktivität eines jeglichen Hofbewohners pflegen kann.
Aber: Kann man Produktivität in der Softwareentwicklung wirklich messen?
In einer konventionellen Eierproduktion klappt das recht gut. Ein Ei pro Tag und Huhn sollten schon drin sein. Da erscheinen die 1,56 Eier pro Jahr, die in St. Petersburg zwischen 1885 und 1917 produziert wurden, geradezu skandalös unproduktiv. Eines dieser 50 Fabergé-Eier erbrachte 2007 bei einer Auktion bei Christie’s auch nur schlappe 12,5 Mio Euro.
Nun würden sich vermutlich viele Entwickler gerne als verkannte Künstler sehen, die vom bösen Controlling zu Unrecht bewertet werden (Wie wäre es in Lines of Code?)
Ich denke, die Wahrheit liegt dazwischen. Wir codieren nicht, um Faberge-Code zu produzieren oder coole Funktionen zu basteln. Wir programmieren, um Geld zu verdienen. (Zumindest sitzen die meisten von uns in dieser Klemme.)
Um Geld zu verdienen, brauchen wir entweder
a) ein verkaufsfähiges Produkt oder
b) abrechenbare Personentage.
Am besten haben wir beides.
Unproduktive Könner
Trotzdem mag ich das Wort „Produktivität“ in diesem Zusammenhang nicht, denn die alleinige Betrachtung von KPIs machen die besten Mitarbeiter zu den unproduktivsten Kostenfaktoren.
– Die Experten, die um Hilfe gebeten werden, wo kein anderer mehr weiterweiß.
– Die Hotliner, die den Mist der anderen ausbaden und den Kunden beruhigen.
– Der Projektleiter-Guru, der anderen die verkorksten Projekte rettet.
Sprich: Die Könner, ohne die auf dem Bauernhof nichts mehr klappen würde, sind so betrachtet unproduktiv – und sind meistens sehr frustriert, wenn sie SO betrachtet werden.
Das Ergbenis zählt
Im Projektgeschäft ist die Bewertung der Produktivität von Einzelpersonen sinnlos. Man kann nur das Ergebnis des gesamten Teams bewerten. Nur so wird man dem Könner gerecht, der allen anderen ermöglicht „produktiv“ zu sein. Doch am Ende zählen nur zwei Fragen:
1. Ist der Kunde zufrieden (Qualität, Zeitplan…)?
2. Wie viel Personentage hat das Team in das Projekt gesteckt – um wie viel Geld zu verdienen?
Meine Sollproduktivität im System ist übrigens Null.
Das schaffe ich meistens.