Am Wochenende vom 03. auf den 04. Mai tagte in Stuttgart mal wieder das #PMCampSTR . Dort besuchte ich eine kleine, aber feine Session von Roland Dürre zum Thema “Negative Thinking”.

Wer nun hofft, beim „Negative Thinking“ gehe es um eine Methode, um das allgemeine #Mimimi im Unternehmen zu legitimieren, der irrt sich. Nein, es geht nicht um Schwarzseherei und dieses kontraproduktive Genörgel, das einem so sehr auf die Nerven geht.

Konstruktive Zerstörung? Das ist mein Ding. Ich habe schon als Kind ganze Lego-Raumstationen aufgebaut, nur um diese später in einem intergalaktischen Weltraumkriegsinferno zu vernichten. Daher finde ich solche Gedankenspiele spannend – und deshalb übertragen wir das gedankliche Zerstörungsspiel mal wieder auf unseren anonymisierten Projektbauernhof.

Negative Thinking – Schritt 1:

“Wie zerstöre ich meinen Projektbauernhof?”

(Es folgen meine sechs spontansten Einfälle, die ich aber alle schon in echten Firmen erlebt habe.)

  1. Tradition
    Ich lasse einfach alles so, wie es ist. Es läuft doch gut – und das war schon immer so und wird sich auch nicht ändern. (Schließlich haben wir das geilste Produkt.)
  2. Schnelle, schlecht geplante Veränderung
    Ab morgen arbeitet die Abteilung “Kuhstall” agil.
    Scrum wäre cool. Außerdem ist das Konzept von Scrum einfach und selbsterklärend. Das hat den Vorteil, dass ich mir die Kosten für die Ausbildung von Scrum-Mastern und Product-Ownern sparen kann. Natürlich scrumt künftig NUR die Abteilung “Kuhstall”. Für die anderen Unternehmensbereiche ist eine Umstellung zu riskant, denn dort wird ja schließlich Gewinn erwirtschaftet. Never touch a running System.
  3. IT einsparen
    Die Hof-IT ist total überbesetzt und überbezahlt. Zudem versteht auch keiner, was die eigentlich tun. Wir reduzieren die Mannschaft also auf ein Minimum, welches gerade noch so „gut“ besetzt ist, dass man das operative Tagesgeschäft am Laufen halten kann.
  4. Mehr Manager
    Da die Operative derzeit etwas schwächelt, brauchen wir unbedingt mehr Manager. Diese sollten mindestens Chief-Level haben. Denn mit Managern ist es wie mit Medizin: Viel hilft viel! (Alte Apothekerweisheit.) Und gute Medizin muss eben auch was kosten…
  5. Systemumstellungen
    Lasst uns mal ein paar Systeme in allen Stallungen umstellen. Am besten ERP, CRM, Projektmanagementsystem, Ticketsystem und Warehousemanagement an einem Tag. Wie heiße es doch: “And all started with a Big Bang”.
  6. Unruhe schaffen
    Zuletzt versetzen wir noch ein paar Kühe aus dem Kuhtstall auf die Schafweide. Der Kuhstall war in den letzten Monaten auch nicht wirklich produktiv. Die sollen mal sehen, dass es so nicht weitergeht. Kühe geben zwar anfangs weniger Wolle, aber immerhin fressen beide Spezies Gras. Und das mit der Wolle werden die Kühe schon noch lernen.

Ich denke, diese sechs Beispiele reichen, um das Prinzip zu veranschaulichen.

Nun folgt Schritt 2 des Gedankenspiels.

Negative Thinking – Schritt 2:

Welche dieser Maßnahmen, die mein Unternehmen zerstören, führe ich schon aus?

Uuuups.

Ihr merkt: Negative Thinking eröffnet eine ganz neue Art des Nachdenkens über unternehmerische Ziele und Schritte. Das Schöne daran ist: Jeder, vom Junior bis zum Chef, kann mitspielen, denn auch mit Möglichkeit 7 (“Ich nörgle einfach mal den ganzen Tag an allem rum”) kann man seiner Firma schaden. Und falls Ihr bei dem Gedankenspielchen feststellt, dass Ihr ein paar der negativen Maßnahmen versehentlich schon lebt, könnt ihr das nächste Gedankenspiel starten:
Was kann ich besser machen, um meinen Projektbauernhof NICHT zu zerstören?