“Was ist Ihre Kernkompetenz”
“Meine Faulheit”
(Aus einem Vorstellungsgespräch, ca. 1998. Lief nicht so gut.)

Damals war die Welt – oder zumindest dieser Arbeitgeber – noch nicht so weit, um die Brillanz dieser Idee zu erkennen. Aber wo wäre die Menschheit ohne Faulheit? Niemand weiß, wer das Rad erfunden hat, aber ich bin mir sicher: Es war ein beeindruckend faules Exemplar unserer Spezies.

Seit 1998 bin ich bekennend faul. Übrigens: Schon meine Lehrer erkannten dieses Potential sehr früh, zogen daraus aber die völlig falschen Schlussfolgerungen. Seit meiner Schulzeit habe ich meine Faulheit natürlich optimiert. Da ich sehr viel arbeite, erkennt aber auch ein geübtes Auge meine Faulheit erst auf dem zweiten Blick.

Einer meiner ersten Chefs in der IT sagte einmal: “Die faulsten Menschen sind die besten Programmierer”.
Was soll ich sagen? Endlich verstand mich jemand richtig. Wäre ich in Klasse 8 nicht zu faul für Algebra gewesen, hätte ich nie Programmieren gelernt – was tatsächlich viel mehr Lernerei war, als Algebra. (Mein erster “Rechner” war ein TI 57, für die Nerds unter Ihnen.)

Ein anderer Chef hingegen, hat seine Faulheit so sehr optimiert, dass er Supportanfragen immer erst nach der dritten (!!) Email bearbeitete. Die Anfrage sei sonst ja nicht so wichtig. Darauf war er sehr stolz und zog sein Ding konsequent durch. (Vermutlich ist dies einer der Gründe, warum er seine Faulheit kurz danach nur noch im privaten Umfeld praktizieren durfte.)

Anhand dieser beiden Prachtexemplare können wir also erkennen, dass wir beim Thema Faulheit differenzieren müssen:
– Zu faul, um einen dämlichen Prozess 1000 mal manuell zu machen: Gratulation. Werden Sie Entwickler.
– Zu faul, um Ihren Job zu machen: Arbeiten Sie an Ihrer Faulheit.

Als Ex-Chemiker zitiere ich an dieser Stelle mal Herrn Paracelsus:
“Alle Ding’ sind Gift und nichts ohn’ Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding’ kein Gift ist.”
So ähnlich ist es auch mit der Faulheit. Also: Seien Sie heute mal richtig faul. Aber dosieren Sie es gut.